(verpd) Ein Polizeifahrzeug, das über keinen geeichten Tacho verfügt, hatte einen Geschwindigkeitsverstoß durch Nachfahren ermittelt. In diesem Fall wird ein pauschaler Toleranzabzug von 20 Prozent der Sache nicht gerecht. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, so das Kölner Oberlandesgericht in einem Beschluss (Az.: 1 RBs 254/21).
Ein Autofahrer war von einer Zivilstreife der Polizei dabei ertappt worden, als er innerorts mit 105 statt mit erlaubten 50 Stundenkilometern unterwegs war.
Das Amtsgericht Gummersbach hatte ihn daraufhin zur Zahlung einer Geldbuße von 185 Euro verurteilt. Gegen den Beschuldigten wurde außerdem ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt.
Gegen Letzteres setzte sich der Mann mit einer beim Kölner Oberlandesgericht eingereichten Rechtsbeschwerde zur Wehr. Der Verstoß wurde nämlich durch Hinterherfahren mit einem Polizeifahrzeug ermittelt, das über keinen geeichten Tachometer verfügte. Das Amtsgericht hatte, wie in derartigen Fällen üblich, zwar einen pauschalen Toleranzabzug von 20 Prozent vorgenommen. Die so ermittelte Geschwindigkeit betrug aber trotzdem noch 84 Kilometer pro Stunde. Das waren vier zu viel, um an einem Fahrverbot vorbeizukommen.
Das Kölner Oberlandesgericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der von dem Amtsgericht vorgenommene Toleranzabzug von 20 Prozent in Fällen wie denen des Beschwerdeführers der Rechtsprechung der meisten Oberlandesgerichte entspricht. Seiner Ansicht nach wird ein derartiger Abzug im Einzelfall den tatsächlichen Verhältnissen aber nicht gerecht.
Zwar war das Zivilfahrzeug nach Aussage der Polizeibeamten bei gleichbleibender Geschwindigkeit über eine Strecke von 1.200 Metern dem Pkw des Beschuldigten hinterhergefahren. Zu berücksichtigen seien aber auch mögliche Ablesefehler. Diese könnten sich daraus ergeben, dass ein Polizeifahrzeug mit einem herkömmlichen statt mit einem digitalen Tachometer ausgestattet sei. Dazu habe das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen.
Grundsätzlich halten es die Kölner Richter beim Hinterherfahren mit einem Polizeifahrzeug ohne justierten Tacho für angebracht, zunächst einen Toleranzabzug von zehn Prozent zuzüglich vier Kilometern pro Stunde für mögliche Eigenfehler des Tachometers zu berücksichtigen. Es sei außerdem ein weiterer Abzug von zwischen sechs und zwölf Prozent erforderlich, um weitere Fehlerquellen wie Ablesefehler und solche, die sich aus der Beschaffenheit des Polizeifahrzeugs ergeben, zu berücksichtigen.
Ob sechs oder zwölf Prozent hänge davon ab, ob Fehler durch Abstandsschwankungen ausgeschlossen werden könnten. Das aber bedeute in dem zu entscheidenden Fall, dass sich der Bereich der für eine Verurteilung zu ermittelnden verwertbaren Geschwindigkeit, zwischen 78 und 84 Stundenkilometern bewegt habe.
Damit sei nicht auszuschließen, dass gegen den Mann zu Unrecht ein Fahrverbot ausgesprochen wurde. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Beschwerdegerichts müsse das Amtsgericht dies nun ermitteln und entscheiden. An dieses wurde der Fall zurückverwiesen.
Nicht immer ist ein ausgesprochenes Fahrverbot eindeutig rechtens, wie der genannte Gerichtsfall belegt. Wer gegen ein seiner Ansicht nach ungerechtfertigtes Fahrverbot vorgehen will, sollte frühzeitig einen Rechtsanwalt einschalten. Die anfallenden Rechtsanwalts- und Gerichtskosten können allerdings hoch sein.
Hat man jedoch eine Verkehrsrechtsschutz-Police und vom Versicherer vorab eine entsprechende Leistungszusage eingeholt, übernimmt dieser die Prozesskosten – egal, ob man den Prozess gewinnt oder verliert.
Auch andere Verkehrsstreitigkeiten wie die Durchsetzung von Schadenersatz-Ansprüchen nach einem Verkehrsunfall sind mit einer Verkehrsrechtsschutz-Versicherung abgedeckt.
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