(verpd) Der Berufsverband der Augenärzte e.V. rät dringend, die Sehfähigkeit von Kleinkindern spätestens bis zum vierten Lebensjahr – in manchen Fällen auch früher – prüfen zu lassen. Wird nämlich eine Fehlsichtigkeit zu spät oder gar nicht erkannt, kann dies zu Defiziten in der kindlichen Entwicklung, zu Schulproblemen und zu einer bleibenden Sehschwäche führen.
Das Sehvermögen eines Kindes ist nicht mit dem eines Erwachsenen gleichzusetzen, denn das Sehsystem eines Menschen entwickelt sich ab Geburt bis mindestens zum siebten Lebensjahr weiter. „Neugeborene sehen ihre Umwelt zunächst unscharf. Erst nach und nach lernt das Gehirn, die Informationen, die von den Augen kommen, zu einem scharfen, räumlichen Seheindruck zu verarbeiten. Diese Entwicklung des Sehvermögens findet vor allem in den ersten Lebensjahren statt“, wie der Berufsverband der Augenärzte Deutschland e.V. (BVA) erklärt.
Die Experten des BVA warnen: „Wenn in dieser sensiblen Phase Probleme auftreten – eine Fehlsichtigkeit beispielsweise oder auch eine Fehlstellung der Augen, die zum Schielen führt – dann gefährdet das den Lernprozess. Wenn die beiden Augen Bilder mit unterschiedlicher Qualität ans Gehirn „liefern“, gelingt es nicht, diese beiden Bilder zu einem dreidimensionalen Seheindruck zu verarbeiten. Dann kann es passieren, dass der Seheindruck eines Auges unterdrückt wird. Geschieht dies dauerhaft, dann droht eine Sehschwäche des Auges, die ein Leben lang bestehen bleibt.“
Nach Angaben des BVA könnte eine solche dauerhafte Beeinträchtigung der Sehfähigkeit auch „nicht durch Brillen, Kontaktlinsen oder eine Operation behoben werden“. Daher ist es wichtig, bereits ab der Geburt auf die richtige Entwicklung der Sehfähigkeit zu achten und auch die entsprechenden kostenlosen Früherkennungs-Untersuchungen, wie die sogenannten U-Untersuchungen, durchführen zu lassen. Neben sonstigen gesundheitlichen Untersuchungen wird hier laut Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auch die Entwicklung der Sehfähigkeit kontrolliert.
Nach Ausführungen des Kuratoriums Gutes Sehen e.V. (KGS) erfolgt beispielsweise bei der U2, die irgendwann zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag durchgeführt wird, eine Abklärung von Augenerkrankungen in der Familie. Zudem werden der Augapfel, die Augenlider und die Pupillen auf Auffälligkeiten wie Augenzittern geprüft. In der U3 (vierte bis fünfte Lebenswoche) wird unter anderem kontrolliert, inwieweit das Baby in nahe Gesichter blickt, ob es mit den Augen einem bewegten Gegenstand nach beiden Seiten folgt und wie die Pupillen auf Licht reagieren.
In der U4 (dritter bis vierter Lebensmonat) und U6 (zehnter bis zwölfter Lebensmonat) erfolgt eine Kontrolle auf Schielen, Ungleichsichtigkeit und Grauen Star. Bei der U7 (21. bis 24. Lebensmonat) werden unter anderem die Kopfhaltung und die Gleichsichtigkeit geprüft. In der U7a (34. bis 36. Lebensmonat) werden das räumliche Sehvermögen kontrolliert sowie die Sehschärfe festgestellt. Nach Angaben des BMG wird in der U9 (60. bis 64. Lebensmonat) ebenfalls das Sehvermögen überprüft.
Bei sichtbaren Auffälligkeiten wie einem Augenzittern, einer Hornhauttrübung, grau-weißlichen Pupillen, bei großen lichtscheuen Augen oder bei Lidveränderungen wie einem Hängelid, das die Pupille verdeckt, sollten Eltern mit ihrem Kind – unabhängig vom Alter – sofort zum Augenarzt gehen. Sind innerhalb der Familie Augenleiden wie Fehlsichtigkeit, Schielen oder Augenerkrankungen bekannt, wurde das Kind zu früh geboren oder hat es einen Entwicklungsrückstand, ist eine augenärztliche Untersuchung generell zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat sinnvoll.
Bei allen anderen Kindern, auch wenn sie keine Augenleiden aufweisen, sollte die Sehfähigkeit laut BVA spätestens im Alter von 30 bis 42 Monaten von einem Augenarzt kontrolliert werden. Denn viele Sehfehler, die man bereits bei Kindern bis zum vierten Lebensjahr erkennt, können noch vollständig behoben werden. Anderenfalls kann eine unbehandelte Sehschwäche auch zu Schulproblemen führen. Hinweise auf ein mögliches Sehproblem sind unter anderem, wenn ein Kind ständig den Kopf schief hält, sich die Augen reibt oder die Augen oft zusammenkneift, zwinkert, blinzelt oder schielt.
Auffällig ist zudem, wenn ein Kind beim Lesen und Schreiben schnell ermüdet, häufig in der Zeile verrutscht, ein Buch sehr nahe hält oder auffällig dicht am Computermonitor oder Fernseher sitzt. Auch Konzentrationsprobleme, eine Lese- und Rechtschreibschwäche, Ungeschicklichkeiten, Ängstlichkeit sowie häufige Kopfschmerzen oder keine Lust zum Lesen, Malen oder Basteln können Anzeichen für eine Sehschwäche sein. Der Gang zum Augenoptiker und Augenarzt schafft Klarheit, ob eine Sehschwäche beim Kind vorliegt.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für minderjährige Kinder die Kosten für Brillengläser oder Kontaktlinsen sowie für schulsporttaugliche Brillengläser, allerdings nur in der im gesetzlichen Leistungskatalog vorgegebenen Qualität und höchstens bis zu einem festgelegten Betrag.
Dünne und entspiegelte Kunststoffgläser sind normalerweise nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten und werden daher auch nicht vollständig übernommen.
Auch Brillengestelle müssen die Eltern in der Regel selbst zahlen. Um diesem Kostenrisiko zu entgehen, empfiehlt sich eine private Krankenzusatz-Versicherung. Je nach Vertragsvereinbarung übernimmt eine solche bestehende Police die Kosten für Brillengestelle, aber auch für höherwertige Brillengläser.