(verpd) Verursacht ein Fahrzeugführer unter dem Einfluss von Drogen einen Verkehrsunfall, ist sein Kfz-Haftpflichtversicherer je nach Einzelfall dazu berechtigt, ihn in Regress zu nehmen. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Hannover hervor (565 C 2401/20).
Ein Mann hatte mit seinem Pkw einer von rechts kommenden Autofahrerin die Vorfahrt genommen. Dabei war an dem Fahrzeug der Frau ein Schaden von etwas mehr als 2.000 Euro entstanden.
In dieser Höhe wollte der Kfz-Versicherer, bei dem für das Auto des Unfallverursachers eine Kfz-Haftpflichtversicherung bestand, den Fahrer, der gleichzeitig auch Versicherungsnehmer der Kfz-Versicherung war, in Regress nehmen. Denn wie sich herausstellte, stand der Unfallverursacher bei der Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis. Eine von der Polizei veranlasste Blutuntersuchung ergab einen Wert von knapp neun Nanogramm pro Milliliter Tetrahydrocannabinol (THC).
Der Mann behauptete dennoch, fahrtüchtig gewesen zu sein. Denn diese Menge entspreche einer Blutalkohol-Konzentration von gerade einmal 0,5 Promille. Er sei daher durchaus in der Lage gewesen, sein Fahrzeug sicher zu führen.
Im Übrigen habe er den Unfall nicht alleine verursacht. Nachdem er zunächst angehalten habe, um der Unfallgegnerin Vorfahrt zu gewähren, habe diese nicht reagiert. Als er daraufhin seinerseits losgefahren sei, sei auch die Frau gestartet. Ohne deren widersprüchliches Fahrverhalten wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.
Diese Argumentation vermochte die mit dem Fall befasste Richterin des Amtsgerichts Hannover nicht zu überzeugen. Sie hielt die Regressforderung des Versicherers in vollem Umfang für berechtigt.
Nach Überzeugung des Gerichts hat der Beklagte bei dem Unfall unter dem Einfluss von berauschender Mittel gestanden, und zwar mit der für eine relative Fahruntüchtigkeit notwendigen Menge. Bei dem Konsum von Cannabis reiche nämlich bereits ein THC-Wert von einem Nanogramm pro Milliliter aus, um von einer relativen Fahruntüchtigkeit ausgehen zu können.
Darüber hinaus hätten die Polizeibeamten, die den Unfall aufgenommen hatten, Ausfallerscheinungen des Beklagten sowie zittrige Hände bemerkt. Auch das spreche für dessen Fahruntüchtigkeit. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass diese durch den Drogenkonsum des Mannes verursacht worden sei.
Seine Behauptung, dass es zu dem Unfall vor allem durch das Fehlverhalten der Unfallgegnerin gekommen sei, habe er nicht beweisen können. Den Polizisten gegenüber habe der Beklagte nämlich geäußert, dass er das von rechts kommende Fahrzeug nicht rechtzeitig erkannt habe.
Aktuell gilt: Zwar gibt es im Gegensatz zum Alkohol für die meisten illegalen Drogen noch keine gesetzlichen Grenzwerte, die eine relative oder absolute Fahruntüchtigkeit markieren würden. Allerdings hat das Bundesverfassungs-Gericht in einem Beschluss von 2004 (1 BvR 2652/03) entschieden, dass bei Cannabiskonsum ab einem Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum von einer allgemeinen Fahruntüchtigkeit ausgegangen werden muss.
Doch selbst wenn dieser Wert nicht erreicht wird, kann der Führerschein entzogen werden, nämlich dann, wenn weitere Tatsachen einen Zweifel an der Fahreignung begründen. Zudem gilt, wer bekifft hinterm Steuer erwischt wird, riskiert bereits beim erstmaligen Verstoß ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro. Hinzu kommen zwei Punkte im Fahreignungsregister (FAER) und ein Fahrverbot von einem Monat.
Im Wiederholungsfall drohen mindestens 1.000 Euro Bußgeld, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot. Außerdem können die Verkehrsbehörden eine teure und aufwendige Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) anordnen, wenn bei der Überprüfung ein Cannabiskonsum ab einem Nanogramm THC je Milliliter Blutserum festgestellt wird.
Umfassende Informationen sowie Beratungsangebote für Erwachsene und speziell auch für Jugendliche zum Thema Cannabis und andere Drogen gibt es im Webportal www.drugcom.de von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).