(verpd) Der Medizinische Dienst Bund (MD Bund), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, hat jüngst eine Auswertung ihrer Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern in Deutschland für das Jahr 2021 veröffentlicht. Die Experten sind dazu den über 13.000 entsprechenden Beschwerden nachgegangen. Für mehr als jeden vierten Fall wurde der Verdacht bestätigt. Allerdings ist die Anzahl der untersuchten Behandlungsfehler unvollständig und die Ergebnisse sind laut dem MD Bund somit nicht repräsentativ. Behandlungsfehler werden hierzulande nämlich nicht systematisch statistisch erfasst, da es keine Meldepflicht dafür gibt.
Der Medizinische Dienst Bund (MD Bund) hat kürzlich seine Jahresstatistik 2021 zur Behandlungsfehler-Begutachtung der Gemeinschaft aller Medizinischen Dienste in Deutschland vorgelegt. Die Medizinischen Dienste unterstützen im gesetzlichen Auftrag die gesetzlichen Krankenkassen in medizinischen und pflegerischen Fragen und übernehmen zum Beispiel die unabhängige Begutachtung bei Behandlungsfehlern, die den Krankenkassen gemeldet werden.
Demnach haben die Medizinischen Dienste im Auftrag der Krankenkassen im Berichtsjahr 13.050 Verdachtsfälle durch Sachverständige begutachten lassen. Dabei haben sich annähernd drei Viertel (72 Prozent) der Vorwürfe nicht bestätigt, es wurde kein Behandlungsfehler festgestellt. Drei Prozent der gemeldeten und bestätigten Behandlungsfehler führten zu keinem Schaden. Bei 3.222 Patienten – fast 25 Prozent der gemeldeten Fälle – hatte der Pfusch jedoch gesundheitliche Folgen, davon war in 2.709 Fällen auch ein kausaler Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden festgestellt worden.
Die untersuchten Kunstfehlervorwürfe verteilten sich zu etwa einem Drittel auf die ambulante und zu zwei Dritteln auf die stationäre Versorgung. Häufigstes betroffenes Fachgebiet war die „Orthopädie und Unfallchirurgie“ mit einem Anteil von 30 Prozent.
Jeder achte Verdachtsfall (rund zwölf Prozent) betraf das Segment „Innere Medizin und Allgemeinmedizin“ und jeweils fast neun Prozent entfielen auf die Bereiche „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“, „Allgemein- und Viszeralchirurgie“ sowie „Zahnmedizin“ (inklusive Oralchirurgie und Kieferorthopädie).
Bei knapp sechs Prozent der untersuchten Fälle ging es um Fehler in der ambulanten oder stationären Pflege. Die restlichen rund 26 Prozent entfielen auf die übrigen Fachgebiete wie Augenheilkunde, Urologie und Radiologie.
Weitere Ergebnisse aus der Statistik: Bei etwa einem Drittel (30 Prozent) der 2.709 Fälle mit einem festgestellten Behandlungsfehler, der nachweislich kausal zu einem Schaden geführt hat, wurde ein Dauerschaden verursacht und in jedem 25. dieser Fälle verstarb der Betroffene. Die Zahl der sogenannten „Never-Events“, wozu etwa Patienten- und Seitenverwechslungen, Medikationsfehler oder zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen gehören, wird mit 130 Fällen angegeben.
Es wird im Jahresbericht explizit darauf hingewiesen, dass die Daten nicht repräsentativ für die Bewertung der Patientensicherheit im deutschen Gesundheitssystem und in den einzelnen Fachgebieten seien: „So bieten die Zahlen der Medizinischen Dienste nur einen kleinen und unvollständigen Einblick in das Gesamtgeschehen und sind keineswegs repräsentativ für die Bewertung der Patientensicherheit im deutschen Gesundheitssystem“, heißt es im Jahresbericht.
Dazu Professorin Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Bayern: „Eine Häufung von Vorwürfen in einem Fachgebiet sagt nichts über die Fehlerquote oder die Sicherheit in dem jeweiligen Gebiet aus.“ Die Zahlen und Ergebnisse können laut MD Bund „jedoch als Impuls für weitere Entwicklungen verstanden werden“.
Informationen über die Rechte, die ein Patient im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers hat, enthält der zweiseitige Flyer „Was Sie als Patient wissen sollten“, der kostenfrei beim MD Bund heruntergeladen werden kann.
Der MD Bund betont im Bericht: „Der Anspruch, sich mit einem Behandlungsfehler-Verdacht an die eigene Krankenkasse zu wenden, ist gesetzlich verankert. Die Krankenkassen haben die Möglichkeit, den Medizinischen Dienst mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen und unterstützen damit die Versicherten.“
Privat Krankenversicherte können sich im Falle einer Fehlbehandlung an ihre private Krankenversicherung wenden, um mögliche Unterstützungsmaßnahmen durch den Versicherer zu klären. Informationen für gesetzlich oder privat Krankenversicherte, was bei einem vermuteten Behandlungsfehler getan werden kann, enthält das Webportal der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland gGmbH (UPD).