(verpd) Ab wann der Zustand eines Gehwegs die Verkehrssicherungspflicht verletzt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dies stellt das Landgericht Lübeck in einem aktuellen Urteil fest. Selbst wenn eine Gehwegplatte 2,5 Zentimeter herausragt, muss das allein noch nicht heißen, dass der Zustand des Weges pflichtwidrig ist.
Ein Ehepaar war im Herbst auf dem Gehweg der Holstenstraße in Lübeck unterwegs. Dabei ereignete sich ein Unfall: Der Mann gab an, er sei mit einem Fuß an einer mittig auf dem Gehweg herausstehenden Kante einer Gehwegplatte hängen geblieben und gestürzt.
Sie habe einen Niveauunterschied aufgewiesen, den er nicht habe wahrnehmen und erwarten können. Seiner Ansicht nach hatte die Stadt Lübeck als Straßenbaulastträger – also der Verantwortliche für den Gehweg – damit die Verkehrssicherungspflicht verletzt, zumal dieser Bereich Haupteinfallstor zum Innenstadtbereich und somit stark frequentiert sei.
Das Landgericht hielt in seinem Urteil (10 O 240/23) zunächst fest: Nach § 10 StrWG-SH (Straßen- und Wegegesetzes des Landes Schleswig-Holstein) müsse der Straßenbaulastträger Straßen in einem „dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand“ halten und dabei die Belange älterer Menschen berücksichtigen.
Daraus folge, „dass sich Straßen grundsätzlich nicht in einem einwandfreien Zustand befinden müssen und von ihnen mit Blick auf etwaige Unebenheiten eine Restgefahr ausgehen kann“. Der Umfang der Sorge für die Verkehrssicherheit werde maßgeblich von Art und Häufigkeit der Benutzung des Wegs und seiner Bedeutung bestimmt.
Ein Verkehrssicherungspflichtiger müsse in geeigneter und zumutbarer Weise jene Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einrichten kann. Grundsätzlich müsse sich der Straßenbenutzer den Straßenverhältnissen anpassen.
Wie schon die beklagte Stadt ortete aber auch das Gericht Widersprüche in den Darstellungen des Klägers. Ursprünglich habe dieser angegeben, wegen unebener Gehwegplatten gestolpert zu sein, und dazu Fotos vorgelegt. Daraus habe sich aber kein konkreter Höhenunterschied ergeben.
Später habe er vorgetragen, ein Höhenunterschied von 1,0 bis 1,5 Zentimeter sei festgestellt worden, zuletzt habe er den Höhenunterschied auf 2,0 bis 2,5 Zentimeter geschätzt. „Dieser Vortrag ist zu divergent und ungenau“, um sich eine Überzeugung von den Begebenheiten vor Ort zu verschaffen, so das Gericht.
Doch selbst, wenn man von bis zu 2,5 Zentimetern Unterschied ausginge, „war mit Blick auf die Gesamtumstände kein pflichtwidriger Zustand des Gehwegs festzustellen“, so das Gericht. Die Rechtsprechung beurteile die Pflichtwidrigkeit von Schäden an Gehwegen und unterschiedlicher Höhenniveaus im Fußgängerbereich „mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls“.
Eine haftungsbegründende Verletzung der Verkehrssicherungspflicht könne erst angenommen werden, wenn eine Gefahrenlage auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer überraschend eintritt und nicht rechtzeitig erkennbar ist.
Wenn man von 2,5 Zentimeter als hinnehmbarem Höhenunterschied ausgehe, hätte der Kläger also weitere Anhaltspunkte vorbringen müssen, „aus denen sich ein Überraschungsmoment oder ein anderer Umstand“ ergab, aufgrund dessen er diesen Unterschied nicht hätte feststellen können.
Dass die Holstenstraße das Haupteinfallstor vom Lübecker Bahnhof in die Altstadt und hoch frequentiert ist, führe nicht ohne Weiteres zu erhöhten Sorgfaltsanforderungen der Beklagten. „Denn die Klägerseite hat daraus keine Ableitung für die Erkennbarkeit der Gehwegschäden gezogen.“ Ein regelmäßig derart gedrängter Fußgängerverkehr, dass der Gehweg nicht erkennbar wäre, sei auch dem Gericht nicht bekannt.
Die Straße sei im unteren Bereich „auch nicht durch eine Vielzahl ansprechender Schaufenster geprägt“, die Fußgänger ablenken würden. Mit Ausnahme der Lichtverhältnisse habe der Kläger keine konkreten Umstände aufgezeigt, die zur Nicht-Erkennbarkeit geführt hätten.
Allein daraus, dass die Stelle nach dem behaupteten Unfall instandgesetzt wurde, folge nicht, dass ihr Zustand bis dahin pflichtwidrig gewesen wäre. „Die Instandsetzung von Gehwegplatten ist gerade Teil der Wahrnehmung und Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten.“ Somit kam das Gericht zu dem Schluss, dass dem Mann kein Anspruch gegen die Hansestadt Lübeck zustehe.
Wie der Fall zeigt, haftet nicht immer ein anderer für einen erlittenen Schaden. Daher ist eine individuelle Absicherung empfehlenswert, die auch für solche und andere Fälle zumindest die finanziellen Folgen einer möglichen Gesundheitsschädigung abdeckt. Eine private Unfallversicherung bietet beispielsweise nicht nur einen weltweiten Schutz, sondern auch rund um die Uhr.
Versichert sind also Unfälle im Beruf als auch in der Freizeit. Zudem kann eine für die persönliche Situation angemessene Kapitalsumme oder/und Rentenleistung im Invaliditätsfall frei vereinbart werden. Einkommenseinbußen, die trotz einer eventuellen Leistung durch die gesetzliche Krankenkasse möglich sind, lassen sich durch eine private Krankentagegeld-Versicherung ausgleichen.
Sollte ein Betroffener aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme den bisherigen Beruf künftig nicht mehr ausüben können, hilft eine private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung den bisherigen Lebensstandard abzusichern. Denn in diesem Fall reichen auch hier die gesetzlichen Absicherungen wie Leistungen aus der gesetzlichen Renten- und/oder Unfallversicherung in der Regel nicht aus – sofern überhaupt ein Anspruch darauf besteht.
Bei einem Beratungsgespräch kann ein Versicherungsfachmann klären, welche privaten Absicherungslösungen entsprechend dem individuellen Bedarf und den persönlichen Präferenzen sinnvoll sind.