(verpd) Die gesetzlichen Krankenkassen haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit einem Defizit in Höhe von 1,9 Milliarden Euro abgeschlossen. Dennoch verfügen die Krankenkassen immer noch über hohe Reserven im zweistelligen Milliardenbereich. Dies teilte jüngst das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit.
Die Krankenkassen als die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hatten nach den vorläufigen Finanzergebnissen im ersten Halbjahr 2021 138,4 Milliarden Euro Einnahmen und 140,3 Milliarden Euro Ausgaben. Insgesamt ergibt sich für alle Krankenkassen zusammen ein Defizit von 1,9 Milliarden Euro in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres, wie vor Kurzem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bekannt gab.
Die Finanzreserven aller 103 Krankenkassen betrugen zum 30. Juni 2021 insgesamt rund 14,8 Milliarden Euro. Dies entspricht im Durchschnitt rund 0,6 Monatsausgaben und damit in etwa dem Dreifachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve. Die Mindestreserve liegt seit einer Gesetzesänderung, die Anfang 2020 in Kraft trat, bei 20 Prozent statt vorher 25 Prozent einer Monatsausgabe.
Im Detail hatten alle Krankenkassenarten bis auf eine ein Defizit im ersten Halbjahr 2021. Nur die Landwirtschaftliche Krankenversicherung, die nicht am Risikostrukturausgleich teilnimmt und keine Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführt, wies einen Überschuss von 22 Millionen Euro auf.
Das höchste Minus, nämlich über 1,6 Milliarden Euro, verzeichneten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen). Danach folgen die Betriebskrankenkassen (BKKen) mit einem Verlust in Höhe von 235 Millionen Euro und die Innungskrankenkassen (IKKen) mit einem Minus von 25 Millionen Euro. Defizite in Höhe von 18 Millionen Euro hatten zudem die Knappschaft-Bahn-See und von 14 Millionen Euro die Ersatzkassen.
Im Detail hatten von allen 103 Krankenkassen jedoch 72 jeweils ein Defizit, 30 Krankenkassen erzielten dagegen Überschüsse. Inwieweit gesetzlich Krankenversicherte und deren Arbeitgeber künftig mehr oder weniger für die GKV zahlen müssen, hängt letztendlich von der Finanzlage der einzelnen Krankenkasse ab.
Hintergrund: Der allgemeine Beitragssatz in der GKV beträgt bereits seit sechs Jahren 14,6 Prozent. Zudem kann jede Krankenkasse je nach Finanzlage einen kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz erheben, der wie der allgemeine Beitragssatz jeweils von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu gleichen Teilen zu tragen ist. Aufgrund der letztjährigen Annahmen des Schätzerkreises wurde für 2021 noch mit einem durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 1,3 Prozent zur Deckung der Ausgaben der Krankenkassen gerechnet.
„Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz war im ersten Halbjahr stabil bei 1,28 Prozent und damit leicht unterhalb des Ende Oktober 2020 für das Jahr 2021 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,3 Prozent“, wie das BMG betont. Eine Liste der verfügbaren Krankenkassen sowie deren aktuellen Zusatzbeiträge ist beim GKV-Spitzenverband online abrufbar.
Möchte man seine Krankenkasse wechseln, sollte man nicht nur auf den Zusatzbeitragssatz achten. Denn einige Krankenkassen bieten neben den üblichen GKV-Leistungen etwas mehr als andere, wie zusätzliche Beratungs- und Präventionsleistungen. Eine reguläre Kündigung der Krankenkassen-Mitgliedschaft und damit ein Kassenwechsel sind zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats, gerechnet von dem Monat, in dem man den Antrag auf den Wechsel gestellt hat, möglich.
Wird von einer Krankenkasse der bisher bestehende Zusatzbeitragssatz erhöht, steht dem Versicherten ein Sonderkündigungsrecht zu. Gekündigt werden kann der bisherigen Krankenkasse in dem Fall bis spätestens zum Ablauf des Monats, für den die Kasse einen Zusatzbeitrag erstmals erhebt oder ihn erhöht. Der Wechsel wird dann zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats wirksam. Bis zum Wechsel in eine andere Krankenkasse muss der Versicherte jedoch den erhobenen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag zahlen.
Wer unabhängig von den Leistungen und der Kostenübernahme der GKV eine optimale Krankenbehandlung wünscht, kann als gesetzlich Krankenversicherter mit einer privaten Krankenzusatz-Versicherung privat vorsorgen und damit sein Kostenrisiko minimieren. Denn es gibt diverse Gesundheitskosten vom hochwertigen Zahnersatz bis hin zur Einzelzimmer-Unterbringung im Krankenhaus, die im Rahmen der GKV nicht von den Krankenkassen übernommen werden und daher von gesetzlich Krankenversicherten selbst zu zahlen sind.