(verpd) Rund 90 Prozent der Vergiftungsunfälle betreffen Kleinkinder zwischen zehn Monaten und fünf Jahren, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Angesichts dieser Zahlen wird klar, warum es so immens wichtig ist, giftige Substanzen und gefährliche Gegenstände kindersicher zu verwahren beziehungsweise giftige Pflanzen im Haus und Garten zu entfernen. Sollte es doch zu einem Giftunfall gekommen sein, muss schnell und korrekt gehandelt werden – eine App hilft dabei.
Kleine Kinder erforschen ihre Welt nicht nur mit den Augen und Händen, sondern sie nehmen vieles auch in den Mund – und zwar selbst dann, wenn es übel riecht oder schmeckt. Das erklärt, warum die allermeisten Giftunfälle nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die Kleinsten bis zu einem Alter von fünf Jahren betreffen.
Kritisch wird es vor allem dann, wenn Kleinkinder sich rutschend oder laufend fortbewegen und so gefährliche Dinge selbstständig erreichen können. Es genügt in dem Fall schon ein unaufmerksamer Moment und das Unglück ist passiert. Damit es gar nicht so weit kommt, sollte man sich im Vorfeld Zeit nehmen und die Wohnung, aber auch den eigenen Garten kritisch nach potenziellen Gefahrenquellen untersuchen.
In jedem Haushalt gibt es eine Unmenge an Produkten, die giftig sind: Das fängt bei Reinigungs-, Wasch- und Putzmitteln an, geht über die typischen Haushaltschemikalien wie Fleckenentferner, Desinfektionsmittel oder Abfluss- beziehungsweise WC-Reiniger, umfasst alle Arten von Unkraut- und Schädlingsbekämpfungs-Mitteln und reicht bis hin zu Batterien. Vor allem die kleinen Knopfzellen sind hier problematisch, da sie leicht verschluckt werden können. Giftig sind beispielsweise auch Lacke, Lösungsmittel oder Rostlöser – also Produkte, die sich oft in einer Werkstatt oder Garage finden.
Nicht vergessen werden sollten zudem alle Getränke mit Alkohol, Tabakwaren jeglicher Art und vor allem Medikamente. Selbst die gut riechenden ätherischen Öle oder die Lampenöle sind oftmals giftig. Genau betrachten sollte man ferner die Pflanzen in der Wohnung beziehungsweise im Garten. So sind beispielsweise Alpenveilchen, Narzissen oder die beliebte Birkenfeige (Ficus) ebenso giftig wie Hyazinthen, die Engelstrompete oder der Oleander.
Hinzu kommen weitere giftige Pflanzen, die (auch) im heimischen Garten zu finden sind, wie unter anderem der Besenginster, die Christrose, die Eibe oder der Eisenhut, um nur ein paar zu nennen. Welche Pflanzen giftig sind, darüber informieren die Webportale der Vergiftungs-Informations-Zentralen Bonn (GIZ Bonn), Freiburg (GIZ Freiburg) und Erfurt (GIZ Erfurt) oder die Broschüre „Risiko Pflanze – Einschätzung und Hinweise“ des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR).
Viele Vergiftungsunfälle lassen sich vermeiden. Tipps hierzu liefern die Webportale www.kindersicherheit.de der Bundesarbeits-Gemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. (BAG) und www.kindergesundheit-info.de der BZgA sowie der Webauftritt des gemeinnützigen Vereins Aktion das Sichere Haus e.V. (DSH).
Hier gibt es beispielsweise auch eine Zusammenstellung von ungiftigen Gartenpflanzen sowie die herunterladbare Broschüre „Achtung! Giftig! Vergiftungsunfälle bei Kindern“. Informativ ist zudem die Kurzbroschüre „Sicher aufwachsen. Kinder vor Vergiftungen schützen!“ des BAG.
Empfehlenswert ist ferner die App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ des BfR. Sie dient nicht nur als Informations- und Nachschlagewerk, sondern es besteht auch die Möglichkeit, direkt aus der App heraus das für das jeweilige Bundesland zuständige Giftinformationszentrum anzurufen – eine wichtige Funktion, wenn es schnell gehen muss. Dabei kann die App, wenn sie installiert wurde, auch ohne Zugang zum Internet verwendet werden.
Bei Vergiftungen ist sofortiges Handeln gefragt: Sobald man vermutet, dass ein Kind eine giftige Substanz in den Mund genommen oder heruntergeschluckt hat, muss man aktiv werden. Die beste Anlaufstelle ist die für das jeweilige Bundesland zuständige Giftnotrufzentrale. Die Spezialisten vor Ort wissen genau, was zu tun ist und welche Erste-Hilfe-Maßnahmen für den jeweiligen Fall am besten sind.
Damit die Experten abschätzen können, welche konkreten Maßnahmen notwendig sind, sollte beim Notruf geklärt werden, wer betroffen ist (Alter, Geschlecht, Körpergewicht), welcher Giftstoff wann, wie und in welcher Menge aufgenommen wurde und wie es dem Kind aktuell geht. Bei Bewusstlosigkeit, bei Atemnot, starken Verätzungen oder bei Krampfanfällen ist sofort mithilfe der Notrufnummer 112 ein Notarzt zu verständigen und bis zu dessen Eintreffen Erste Hilfe zu leisten.
Entgegen der landläufigen Meinung sollte dem Kind bei einer Vergiftung keinesfalls Milch zum Trinken gegeben werden, da Milch in vielen Fällen die Giftaufnahme durch den Darm sogar beschleunigt. Besser ist es, bei einer oralen Giftaufnahme Wasser in kleinen Schlucken zu trinken, um das Gift zu verdünnen. Außerdem sollte man nicht versuchen, ein Erbrechen auszulösen, denn dies kann zu schweren Komplikationen wie Verätzungen führen.