(verpd) Wer als Kunde mit einem Vertragspartner in Konflikt gerät, hat die Möglichkeit, seine Rechte auch ohne Gericht durchzusetzen. Der Weg über Anwälte und Gerichte kann kostspielig sein, weshalb Verbraucher auf Schlichtungsstellen zurückgreifen können. Diese bieten eine einfache, kostenlose und unbürokratische Lösung, um Streitigkeiten mit Unternehmen beizulegen.
Seit Jahren gibt es in der Europäischen Union eine Richtlinie, die sicherstellen soll, dass Verbraucher ihre Ansprüche auch ohne Gerichtsklage einfordern können. In jedem Mitgliedstaat muss es dementsprechend Alternativen zur gerichtlichen Auseinandersetzung geben, um Konflikte aus Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern lösen zu können.
In Deutschland trat dazu 2016 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft. Im Rahmen dessen wurden für verschiedene Vertragsstreitigkeiten staatliche oder staatlich anerkannte Schlichtungsstellen eingerichtet, um Verbraucherkonflikte außergerichtlich beizulegen.
Privatpersonen, die zum Beispiel Probleme wegen gekauften Produkten, Handwerksleistungen oder anderen in einem Kauf- oder Dienstleistungsvertrag zugesicherten Leistungen haben, können ein Schlichtungsverfahren beantragen.
Laut Bundesregierung bietet dieses Verfahren eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung von Streitfällen. Es entstehen dabei für Verbraucher grundsätzlich keine Kosten, abgesehen von eigenen Ausgaben wie Telefon-, Porto- oder Fahrtkosten.
Verbraucher, die ein solches Verfahren wünschen, müssen sich an die zuständige Schlichtungsstelle wenden und einen Antrag einreichen. Sollte das Ergebnis der Schlichtung unzufriedenstellend sein, steht es dem Verbraucher weiterhin frei, einen Anwalt zu konsultieren und den Streit, wenn nötig, vor Gericht zu klären.
Wichtig: Hat man vor einer Schlichtung ein Gerichtsverfahren gegen die betreffende Firma, mit der es einen Konflikt gibt, angestrengt, ist in der Regel der Schlichtungsweg über eine Schlichtungsstelle im Nachhinein nicht mehr möglich.
Die Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren ist für einige Unternehmen freiwillig, sofern keine gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Verpflichtung besteht. Seit 2017 müssen jedoch alle Firmen mit mehr als zehn Mitarbeitern auf ihrem Webportal und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darüber informieren, ob sie sich zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle bereit erklären oder nicht.
Aus den AGBs einiger großer Onlinehändler, Discounter oder Elektronikanbieter ist zu entnehmen, dass bei Weitem nicht alle Unternehmen einer Teilnahme an außergerichtlichen Schlichtungsverfahren zustimmen.
Allerdings nehmen auch zahlreiche Firmen am Verbraucherschlichtungsverfahren teil. Eine umfassende und kostenlos downloadbare Liste mit allen Schlichtungsstellen stellt das Bundesamt für Justiz zur Verfügung. Sie zeigt unter anderem für welche Wirtschaftsbereiche beziehungsweise Branchen diese Schlichtungsstellen zuständig sind. Typische branchenspezifische Schlichtungsstellen sind unter anderem:
Zusätzlich zu den branchenspezifischen Schlichtungsstellen existiert auch eine Universalschlichtungsstelle des Bundes. Diese soll sicherzustellen, dass Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen selbst dann beigelegt werden können, wenn keine spezielle Schlichtungsstelle zuständig ist, das Unternehmen jedoch der Schlichtung zustimmt.
Des Weiteren gibt es von der Europäische Kommission für Streitigkeiten im Rahmen von Onlineverträgen mit Firmen aus EU-Staaten eine eigene Plattform zur Online-Streitbeilegung, über die Verbraucher Konflikte mit europäischen Unternehmen klären können.
Weitere Informationen zur Schlichtung bei Konflikten mit Firmen deren Sitz in einem EU-Land außerhalb Deutschlands ist, stellt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) in seinem Webauftritt bereit. Entsprechende Hinweise finden sich im herunterladbaren Flyer „Schlichtung in Europa“.
Die EVZ stellt zudem ein interaktives Tool online zur Verfügung, dass eine Orientierungshilfe über die verschiedenen Wege aufzeigt, wie sich Verbraucherrechte innerhalb der EU durchsetzen lassen. Die EVZ-Broschüre „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ enthält umfassende Informationen zu Gerichtsverfahren und zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Deutschland und in der EU.
Grundsätzliche Ausführungen zur Verbraucherschlichtung findet man in den Webportalen des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) sowie der Universalschlichtungsstelle des Bundes Zentrum für Schlichtung e.V. Vom BMJ gibt es zum Thema zudem den downloadbaren „Leitfaden für Verbraucher“.
Kann oder will man einen Streitfall nicht durch eine Schlichtung klären oder ist man mit dem Schlichtungsergebnis nicht zufrieden, bleibt dem Verbraucher immer noch die Möglichkeit, sein Recht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens einzufordern.
Eine bestehende Verkehrs-, Privat- und Berufsrechtsschutzversicherung übernimmt bei zahlreichen Vertragsstreitigkeiten aus Verbraucherverträgen die entsprechenden Anwalts- und Prozesskosten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat.