Verkehrsunfall durch Feldmatsch auf der Straße

(verpd) Bei Erntearbeiten wurde eine Straße verunreinigt. Es bildete sich eine Matschschicht, auf der ein Transporter ins Rutschen geriet und verunfallte. Dessen Kaskoversicherer stellte später Regressansprüche gegen den Fahrer des Maishäckslers und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer. Das Landgericht Flensburg gab dem Kaskoversicherer Recht.

Es war etwa 5.50 Uhr morgens, es regnete, es war dunkel – und rutschig. Ein Mülltransporter war Anfang Oktober 2018 auf einer Straße unterwegs, kam aber in einer Kurve von der Fahrbahn ab.

Das Fahrzeug landete in einem Graben und wurde beschädigt. Der Kfz-Versicherer, bei dem das Fahrzeug versichert war, leistete im Rahmen der bestehenden Vollkaskoversicherung für dessen Bergung und Reparatur mehr als 26.000 Euro. Damit war die Sache aber noch nicht erledigt.

Feldmatsch auf der Straße führt zur Regressforderung

Denn später machte der Versicherer Regressansprüche geltend. Sie richteten sich gegen einen Erntehelfer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer. Der Kaskoversicherer machte den Mann dafür verantwortlich, dass die Straße überhaupt rutschig gewesen war.

Er sei drei Tage vor dem Unfall mit einem Maishäcksler auf einem Feld im Einsatz gewesen, das an die Straße grenzt. Bei der Ernte habe er Kleie, Lehm und Erde verloren und auf der Straße liegen lassen.

Dies habe die Straße – was der Mann in Abrede stellte – erheblich verschmutzt. Eine extrem rutschige Matschschicht sei entstanden, die zum Unfall des Mülltransporters geführt habe.

Der Streit kam vor das Landgericht Flensburg. Dieses gab dem Versicherer des Mülltransporters in einem rechtskräftigen Urteil vom 10. Mai 2024 (Az. 12 O 71/23) Recht und verwies auf § 32 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung).

Was die Straßenverkehrsordnung verlangt

§ 32 diene dem „Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vor verkehrsfremden beziehungsweise verkehrswidrigen Zuständen durch Verschmutzungen der öffentlichen Straßen sowie das Aufbringen und Liegenlassen verkehrsfremder Gegenstände ohne Ausnahmegenehmigung, wenn durch diese Zustände der Verkehr abstrakt gefährdet oder erschwert wird“.

Den jeweils Verantwortlichen treffe nach § 32 Absatz 1 Satz 2 StVO eine Pflicht zur Kenntlichmachung und/oder eine unverzügliche Beseitigungspflicht, erklärte das Gericht.

Der Schutzzweck umfasse solche Hindernisse als unbefugten Eingriff in die Verkehrssicherheit, „mit denen die Verkehrsteilnehmer üblicherweise abhängig von der üblichen Benutzung und den örtlichen Umständen im Einzelfall nicht zu rechnen brauchen“.

Nach Überzeugung des Gerichts führten die Arbeiten des Beklagten eine erhebliche Verschmutzung herbei, die eine abstrakte Gefahr für den öffentlichen Verkehr darstellte.

Beklagte Seite spricht von „Wirtschaftsweg“

Die Beklagten wandten ein, es handle sich um einen „Wirtschaftsweg“, für den die StVO gar nicht gelte und bei dem ohnehin mit derartigen Verschmutzungen zu rechnen gewesen sei.

Dem konnte das Gericht aber nichts abgewinnen. Für die Beurteilung des Charakters einer Straße komme es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allein auf den „wirklichen Charakter“ an, nicht jedoch auf sonstige Kriterien wie etwa die katastermäßige Erfassung.

Ein maßgebliches Kriterium sei, ob eine Straße „für jeden aufmerksamen Benutzer“ deutlich als Feld- oder Waldweg in Erscheinung tritt. Das sei hier nicht der Fall.

Eine öffentliche Straße

Der Weg sei geteert und führe, neben einigen Feldern, an mehreren Wohnhäusern vorbei. Eine Beschilderung, die auf einen Wirtschaftsweg hindeuten könnte, oder eine Verkehrsbeschränkung für den öffentlichen Verkehr gebe es nicht.

Die – fast vier Meter breite – Fahrbahn sei auch nicht besonders unwegsam. Dass kein hohes Verkehrsaufkommen herrsche, spreche allein noch nicht für einen Wirtschaftsweg.

„Im Ergebnis spricht aus Sicht des Gerichts nichts dafür, im vorliegenden Fall von einem an einen (reinen) Wirtschaftsweg angesetzten geringeren Maßstab im Hinblick auf Verkehrssicherungspflichten auszugehen.“ Es handle sich um eine „öffentliche Straße“ im Sinne der StVO.

Gericht: Erntehelfer hätte Problematik erkennen müssen

So kam das Gericht zum Ergebnis: Wer im Rahmen von Feldarbeiten eine Straße verschmutzt, müsse für die Reinigung sorgen, auch wenn diese Straße nur wenig befahren ist.

Die Verschmutzungen seien geeignet gewesen, nach Regen eine mehrere Zentimeter dicke Matsch- beziehungsweise Kleischicht zu erzeugen. Dies hätte der Beklagte „als erfahrener Erntehelfer, bei verständiger Würdigung der Situation erkennen und entsprechend handeln müssen“.

Der Beklagte habe schuldhaft gegen § 32 StVO und damit gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verstoßen, wodurch der Halterin des Mülltransporters ein kausaler Schaden entstanden sei. „Jedenfalls“, befand das Gericht, dürfte das Verhalten des Beklagten „als ‚grob fahrlässig‘ zu qualifizieren sein“.

Das Mitverschulden des Fahrers des Mülltransporters wertete das Gericht „als eher gering“ und siedelte es bei 25 Prozent an.

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