(verpd) Wenn ein Grundstückseigentümer keine tatsächliche Möglichkeit hat, das Übergreifen eines Brandes vom Nachbargrundstück zu verhindern, ist grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch denkbar. „Richtiger Anspruchsgegner“ ist dann aber nicht immer der Eigentümer des Nachbargrundstücks, sondern unter Umständen ausschließlich dessen Mieter. Dies stellte das Oberlandesgericht Hamm fest.
Ein Grundstückseigentümer wurde zum Leidtragenden eines Brandes, der von einem Nachbargrundstück übergriff: Erhebliche Schäden an Gebäuden, Fahrzeug, Waschanlage, Tankbehälter und Mülltonne waren die Folge. Die Beeinträchtigung beruhte auf einer privatwirtschaftlichen Nutzung des Nachbargrundstücks.
Aufgrund dessen erhob er Ansprüche gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks – zunächst vor dem Landgericht Münster, dann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm.
Das OLG Hamm hielt in seinem Beschluss vom 6. Mai 2024 (7 U 23/24) fest: Grundsätzlich komme laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) unter bestimmten Umständen ein nachbarrechtlicher Anspruch analog § 906 Absatz 2 Satz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Betracht.
Und zwar dann, „wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Absatz 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen“.
Allerdings war der Eigentümer im vorliegenden Fall die falsche Adresse: Anspruchsgegner sei hier, wer als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB für die Schäden verantwortlich ist – und das sei hier der Mieter, stellte das OLG fest. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH folge die „Störereigenschaft“ nämlich nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht.
Vielmehr müsste die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgehen. Entscheidend sei hierbei, ob es Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer oder -besitzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen. Es komme darauf an, ob dieser für den „gefahrenträchtigen Zustand“ seines Grundstücks verantwortlich ist, also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat.
Besonders zu beachten sei dabei die eingeschränkte Verantwortlichkeit des Eigentümers für Handlungen seines Mieters. „Ist der Schaden ausschließlich auf ein Fehlverhalten des Mieters zurückzuführen […], ist der Eigentümer dafür nicht verantwortlich“, so das OLG.
Als „mittelbarer Handlungsstörer“ würde der Eigentümer haften, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu störenden Handlungen überlassen hat oder es unterlässt, ihn von einem Gebrauch abzuhalten, der fremdes Eigentum beeinträchtigt.
Vor diesem Hintergrund sei der Beklagte nicht als „Zustandsstörer“ anzusehen, „da der Kläger bereits nicht schlüssig vorgetragen hat, dass das Feuer vom Baukörper der Halle oder von vom Beklagten in diese eingebrachten Anlagen oder Geräte ausging“. Der Kläger erkannte insoweit auch an, dass die Brandursache ungeklärt blieb.
Der Beklagte sei auch nicht „Verhaltensstörer“, zumal sich nicht feststellen lasse, dass er Tatsachen gekannt hätte, die über das allgemeine Brandrisiko hinausgingen und damit gegebenenfalls zu seiner Verhaltensverantwortlichkeit als Vermieter führen könnten. Insbesondere sei außerdem „eine Erlaubnis des Beklagten gegenüber dem Mieter zu (den Kläger als Nachbarn) störenden Handlungen“ nicht ersichtlich.
Ebenso wenig sei ersichtlich, dass sich der Kläger jemals an den Mieter oder Eigentümer gewandt hätte. Das heiße: Es gab vor dem Brand keinen beeinträchtigenden Gebrauch, von dem der Eigentümer seinen Mieter hätte abhalten können.
Aus § 830 Absatz 1 Satz 2 BGB, § 823 Absatz. 1 BGB oder dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergaben sich aus Sicht des OLG ebenfalls keine Ansatzpunkte für Ansprüche gegen den Beklagten. Im Ergebnis wies das OLG die Berufung daher wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit zurück.