(verpd) Ein Linksabbieger war mit einem ihm entgegenkommenden, vorfahrtsberechtigten Fahrzeug kollidiert. Mit dem Argument, dass ihm durch ein verbotswidrig abbiegendes anderes Fahrzeug die Sicht genommen worden war, wollte er sich seiner Haftungsverpflichtung entziehen. Damit kam er vor dem Oberlandesgericht Dresden nicht durch, wie ein Urteil (8 U 901/22) belegt.
Ein Mann wollte mit seinem Pkw im Bereich einer Kreuzung von einer Linksabbiegerspur aus nach links abbiegen. Dabei kollidierte er mit einem ihm entgegenkommenden vorfahrtsberechtigten Motorrad.
Dieses hatte er zu spät wahrgenommen. Denn ihm wurde durch einen ebenfalls aus der Gegenrichtung kommenden Kastenwagen die Sicht auf das Motorrad versperrt. Der Autofahrer wurde vom Kraftradfahrer auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt.
Der verklagte Autofahrer hielt jedoch den Fahrer des Kastenwagens für den Unfall verantwortlich. Denn zu dem Unfall sei es nur deswegen gekommen, weil Letzterer verbotswidrig ebenfalls nach links abbiegen wollte. Zu Unrecht, urteilte das Dresdener Oberlandesgericht. Es gab der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage des Zweiradfahrers, ebenso wie zuvor das Dresdener Landgericht, statt.
Nach Ansicht der Richter hat der Beklagte in schwerwiegender Weise gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten im Sinne von § 9 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen.
Angesichts der Tatsache, dass ihm nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Kastenwagen vollständig die Sicht auf die Gegenfahrbahn versperrt gewesen sei, habe er sich noch nicht einmal vorsichtig vortasten dürfen. Der Mann hätte seine Abbiegeabsicht vielmehr so lange zurückstellen müssen, bis er einen freien Blick auf die Gegenfahrbahn gehabt hätte.
Der Pkw-Lenker könne sich auch nicht mit dem Argument entlasten, dass sich der Fahrer des Kastenwagens verkehrswidrig verhalten habe, weil er verbotswidrig abbiegen wollte.
Denn das habe ihn nicht dazu berechtigt, ohne eine ausreichende Sicht auf den vorfahrtsberechtigten Gegenverkehr nach links abzubiegen. Die Richter sahen keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zuzulassen.