(verpd) Tiefe Risse in der Fahrbahn, große Löcher im Asphalt – solche und andere Straßenschäden sind immer wieder ein Grund, warum es zu einem Unfall kommt. Nun könnte man laienhaft meinen, dass die Institution, die für diese Straße verantwortlich ist, in jedem Fall auch für die Unfallschäden haften muss. Doch weit gefehlt, denn ob überhaupt jemand haftbar gemacht werden kann, hängt von vielen Faktoren ab. Schließlich gibt es kein Anrecht auf eine makellose Fahrbahn, zumindest nicht auf allen Straßen.
Die sogenannten Straßenbaulastträger, das sind zumeist entweder der Bund, die Länder oder die Kommunen, sind für die Straßen hierzulande verantwortlich. Und in diesem Rahmen haben sie auch eine Verkehrssicherungspflicht. Dies bedeutet, dass die Verkehrsteilnehmer zum Beispiel durch eine entsprechende Beschilderung auf vorhandene Straßenschäden hingewiesen werden müssen. Außerdem müssen größere Schäden beseitigt werden, um das Unfallrisiko zu reduzieren.
Dennoch kommt es immer wieder vor, dass beispielsweise Fahrrad-, Motorrad oder Autofahrer wegen eines Schlaglochs verunfallen, dass Fußgänger aufgrund ähnlicher Beschädigungen stürzen oder das Kfz-Fahrer einem großen Schlagloch ausweichen und dadurch einen Unfall verursachen. Dann stellt sich die Frage, ob der Straßenbaulastträger dafür (mit-)haften muss. Analysiert man die Rechtsprechung in diesem Bereich, so zeigt sich, dass die Haftung von den Umständen abhängt.
Ob der Straßenbaulastträger für Unfallschäden durch Schlaglöcher und andere Fahrbahnmängel haften muss, hängt unter anderem von der Verkehrsdichte auf einer Straße, der Straßenart und dem Ausmaß der vorhandenen Straßenschäden ab. Allein aus der Verkehrssicherungspflicht heraus lässt sich jedenfalls kein Recht auf eine makellose Straße ableiten; selbst nicht für Haupt- und viel befahrene Straßen.
Umgekehrt gilt aber: Ein Verkehrsteilnehmer muss seine Fahrweise anpassen, wenn Straßenschäden eindeutig von Weitem erkennbar sind – und zwar auch dann, wenn keine entsprechenden Warnhinweis-Schilder aufgestellt wurden.
Urteile des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig-Holstein (Az.: 7 U 6/11), des Landgerichts (LG) Heidelberg (Az.: 5 O 269/10), des LG Coburg (21 O 795/06) und des LG Köln (Az.: 5 O 126/07), verdeutlichen diese rechtliche Sichtweise.
Bei viel befahrenen Straßen wie Haupt-, Bundes-, Schnellstraßen oder gar einer Autobahn, ist in erster Linie das Ausmaß der Straßenschäden von Bedeutung, wenn es um die Haftungsfrage durch den Straßenbaulastträger geht. So genügt es beispielsweise laut der Rechtsprechung bei 20 Zentimeter tiefen Schlaglöchern nicht, dass bei einer Straße mit einer hohen Verkehrsauslastung, also beispielsweise einer Haupt- und Bundesstraße, nur Hinweisschilder aufgestellt werden.
Sind derartige gravierende Schäden vorhanden, muss die Straße instandgesetzt oder die Schadstelle für den Verkehr gesperrt werden, ansonsten haftet der Träger der Straße. Dies belegen beispielsweise die Urteile des OLG Hamm (Az.: 11 U 52/12), des OLG Naumburg (Az.: 10 U 13/12), des OLG Koblenz (Az.: 12 U 1255/07 und des OLG Celle (Az.: 8 U 199/06).
Bei Autobahnen ist die Auslegung der Verkehrssicherungspflicht noch strenger. Hier muss der Straßenbaulastträger bereits bei kleinen Schäden einschreiten, vor diesen warnen und diese beseitigen, bevor größere Schäden entstehen. In diesem Sinne ist jedenfalls ein Urteil des LG Halle (Az.: 4 O 774/11) zu verstehen.
Die Urteile zeigen, dass die Entscheidung, ob ein Straßenbaulastträger haftet oder nicht, vom Einzelfall abhängt. Deshalb ist es wichtig, entsprechende Beweise zu sichern. Hierzu helfen Fotos von der Unfallstelle, auf denen man beispielsweise sieht, ob und wo vor der Gefahrenstelle gewarnt wurde. Und natürlich Bilder von der beschädigten Fahrbahn – idealerweise so, dass man beispielsweise sieht, wie groß und wie tief ein Schlagloch ist.
Wichtig sind ferner eventuelle Zeugen, der Polizeibericht und natürlich auch aussagekräftige Fotos und Dokumentationen der Beschädigungen beziehungsweise der Verletzungen beispielsweise bei Stürzen vom Zweirad aufgrund von Fahrbahnschäden.
Um sein Recht gegenüber dem Straßenbaulastträger einzufordern, hilft eine Verkehrsrechtsschutzversicherung. Sie übernimmt nach einer Leistungszusage die anfallenden Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten. War man als Radfahrer und Fußgänger unterwegs, bietet eine bestehende Privatrechtsschutzversicherung einen entsprechenden Kostenschutz.
Muss der Straßenbaulastträger nicht haften, bleibt der Geschädigte auf seinen Schadenskosten am Fahrzeug sitzen. Eine Ausnahme gibt es jedoch für Kraftfahrzeugbesitzer, die eine Vollkaskoversicherung für das beschädigte Fahrzeug haben. Denn diese übernimmt abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in der Regel auch die Schäden am eigenen Kfz, die bei einem Unfall infolge eines Schlagloches oder eines anderen Straßenschadens entstanden sind.