(verpd) Aktionäre, die im Rahmen des Wirecard-Skandals Verluste erlitten haben, haben gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 28. November 2022 (1 U 173/22) entschieden. Das Gericht hat damit mehrere gleichlautende Urteile des Frankfurter Landgerichts bestätigt.
Ein Anleger hatte in den Jahren 2019 und 2020 Aktien der Wirecard AG erworben. Weil die Gesellschaft nach Aufdeckung erheblicher Unregelmäßigkeiten dazu gezwungen war, Insolvenz anzumelden, musste er seine Investitionen abschreiben.
Dafür machte er die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) verantwortlich. Der Mann verklagte die Aufsichtsbehörde daher unter anderem wegen Aufsichts- und Informations-Versäumnissen auf Schadensersatz in Höhe seiner erlittenen Kursverluste.
Ohne Erfolg. Sowohl das Frankfurter Landgericht als auch das von dem Aktionär in Berufung angerufene Oberlandesgericht der Main-Metropole hielten die Forderung für unbegründet. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts hat die Bafin bei der Bilanzkontrolle nicht gegen die ihr obliegenden Amtspflichten verstoßen.
Die Kontrolle sei in Übereinstimmung mit der damaligen Rechtslage in einem zweistufigen System erfolgt. Sie sei zunächst durch eine private Prüfstelle und danach durch eine staatliche Instanz, nämlich dem Aufsichtsamt, durchgeführt worden.
Der Kläger habe zwar behauptet, dass die Behörde bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Sonderprüfung hätte veranlassen müssen. Für diese Behauptung habe es jedoch keinerlei greifbaren Anhaltspunkte gegeben. Das gelte auch für seinen Einwand, dass die Bafin die Prüfstelle nicht ausreichend überwacht habe.
Der Beklagten könne auch kein Verschulden nachgewiesen werden. Denn es sei durch nichts erwiesen, dass der Schaden des Klägers bei einem früheren Einschreiten der Aufsicht nicht eingetreten wäre.
Im Übrigen nehme die Bafin nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften des Finanzdienstleistungs-Gesetzes ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber im Interesse einzelner Anleger. Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten könne deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen.
Es bestehe nämlich kein sogenannter Drittschutz. Einzelne Investoren würden folglich grundsätzlich nicht durch die bankaufsichtsrechtliche Tätigkeit der Behörde geschützt.
Auch vom Insolvenzverwalter der Wirecard haben Aktionäre Schadenersatz verlangt. Doch solche Ansprüche können grundsätzlich nicht als Forderung an den Insolvenzverwalter einer in Konkurs gegangenen Aktiengesellschaft gerichtet werden. Das hat das Landgericht München I mit Urteil vom 23. November 2022 (29 O 7754/21) entschieden.
Mehr Erfolg hatten Geschädigte schon bei Vermittlern von Wirecard-Zertifikaten. Die Erzgebirgssparkasse wurde vom Landgericht Chemnitz am 3. Mai 2022 (6 O 598/21) zu 43.303 Euro Schadenersatz wegen Falschberatung verurteilt.
Schließlich steht auch der Wirtschaftsprüfer der Pleitefirma in der Schusslinie. Für Klagen gegen dieses Unternehmen müssen die Rechtsschutzversicherer eintreten.